Chilisorten kreuzen und züchten

Stellen Sie sich eine Kreuzung zwischen Purple Jalapeño und weißen Spitzpaprika vor. Wird daraus vielleicht eine rosarote Riesen-Jalapeño?

Diese Frage ist spannender als mancher vermutet. Wie es sich mit der Vererbung verhält, wurde erst vor 150 Jahren erforscht. Johan Mendel hielt 1866 das Verhalten bei der Vererbung fest. Eine Erklärung gab es für die von ihm aufgestellten mendelschen Regeln zunächst nicht. Um diese zu verstehen, mussten erst noch Chromosomen entdeckt werden.

Bild Chili und Paprika Farben

Die Mendelschen Regeln nehmen uns vorerst die Hoffnung mal schnell eine rosa Mega-Jalapeno zu züchten. Lassen Sie sich aber nicht den Spaß an solchen Vorstellungen nehmen, denn mit Geduld und Leidenschaft gelingt es Ihnen vielleicht doch eine eigene Chilisorte zu züchten. Den entsprechenden Cultivar Namen dürfen Sie sich sogar selbst ausdenken.

Kreuzbestäubung

Die meisten Capsicum Gattungen lassen sich mehr oder weniger gut untereinander kreuzen. Zickig ist nur unsere Capsicum pubescens. Diese will sich mit keiner anderen domestizierten Gattungen vereinen. Die Pollen der lilafarbenen Rocoto Blüte können nicht in die Eizelle der anderen Mutterpflanze eindringen. Andersherum verhält es sich ebenso.

Die Mutterpflanze ist die Pflanze, welche später die Früchte trägt. Chilipflanzen tragen zwittrige Blüten. Diese können sich selbst bestäuben und gleichzeitig Vater als auch Mutter sein. Dies ist bei Nachtschattengewächsen recht häufig der Fall. Eine Ausnahme sind zum Beispiel Kürbisse. An ihm wachsen männliche und weibliche Blüten. Die weiblichen Blüten sind an einer deutlichen Rundung zu erkennen. Aus diesen entwickelt sich ein Kürbis, wenn die Blüte befruchtet wurde.

Welche der Capsicum Arten Sie mit den anderen leicht Kreuzen können, sehen Sie auf dieser Grafik. Bei den roten Feldern wird es unter normalen Umständen niemals zu einer Befruchtung kommen. Bei den gelben Feldern ist eine Kreuzung kompliziert. Selbst wenn es gelingt, bilden die F1 Hybriden weniger keimfähige Samen. So zum Beispiel bei einer Züchtung von chinense und frutescens Sorten.

Bild Capsicum kreuzen
Eine erfolgreiche Bestäubung geschieht innerhalb der eigenen Art am einfachsten. Diese sind hier grün markiert.

Erste Generation (F1)

F1-Hybriden sind Gold wert. Sie haben meist vorhersehbare Kennzeichen und sehen ziemlich gleich aus. Für Samen-Hersteller und Kunden hat dies gleichermaßen Vorteile. Diese Generation von Chilis sehen genauso aus, wie auf den Bildern der Samenpackungen. Außerdem verbinden F1-Hybriden gute Eigenschaften, zum Beispiel Resistenzen gegen Viren. Als angenehmer Beigeschmack sind F1 Generationen recht produktiv.

Aus unseren schweinchenrosanen Mega-Jalapeño wird aber nichts. Dafür gibt die Uniformitätsregel von Herrn Mendel. Denn es kommt bei Chilis zu keiner Vermischung der Farben, Größe oder Schärfe. Denn eine der beiden Eigenschaften von den gekreuzten Sorten ist dominant. Bei der Farbe ist es rot, gleiches gilt für Schärfe. Tendenziell ist die Größe der Schote dominant, jedoch gibt es manchmal Erfahrungen, dass die F1 Chilischoten mittelgroße Früchte bilden.

In der F1 Generation sind jetzt die Chromosomen-Paare gemischt, jedoch setzt sich eine stärkere genauer gesagt dominante Hälfte durch. Alle Chilischoten an diesen Pflanzen sehen absolut gleich aus. Wenn dies nicht der Fall ist, war ein Elternteil ein instabiler Bastard.

Zweite Generation

Vielleicht kommt es ja bei den Nachkommen der ersten Generation zu dem gewünschten Ergebnis. Die Idee war ja eine rosa Riesen-Jalapeño zu züchten. In unserem Beispiel aus einer weißen Giant-Paprika und Purple Jalapeno. Vorher hat sich immer die dominanten Chromosomen durchgesetzt. Jetzt passiert es, dass in einem Viertel der Pflanzen pro Ausprägung sich zwei rezessive Erbanlagen in der Pflanze wiederfinden.

 

Mendel war so klug, sich für seine Versuche Pflanzen auszuwählen, die sich nur in einer Variante unterscheiden. Zum Beispiel gelbe und grüne Bohnen. Hätte er damals Chilis verwendet, wäre er vermutlich nie auf einen grünen Zweig gekommen. Schließlich gibt es etwa 3.000 bis 4.000 Chilisorten. Diese unterscheiden sich in Größe, Geschmack, Schärfe, Farbe und vieles mehr.

Dritte bis achte Generation

Es braucht mindestens acht Generationen, bis eine neue Chilisorte einigermaßen stabil wird. Aus der zweiten Generation werden die Pflanzen für eine weitere Zucht ausgewählt, welche den Vorstellungen des Züchters entsprechen. Wichtig ist es gezielt, die besten Exemplare zu kreuzen und damit weiterzuzüchten. Durch klonen von Chilis und Selbstbestäubung wird ein bisschen Inzucht betrieben, welches den Genpool kleiner werden lässt.

Neue Chilisorte

Was die Zucht einer neuen rosa farbige Riesen-Jalapenos angeht, werden Sie einen Teilerfolg verbuchen können. Zuerst aber die Farbe: Sie mischt sich nicht wie Wasserfarben.

 

Eine der beiden Farben der Elterngeneration können Sie durch Selektion züchten. Doch eine größere Jalapeño ist möglich. Wobei es ja nach dem Kreuzen ja keine Jalapeño mehr ist, sondern eine neue, instabile Chili-Variante. Durch gezielte Kreuzbestäubung können Sie diese Variante zu einer neuen Chilisorte züchten. Nicht nur globale Saatguthersteller sind in der Lage neue Sorten zu züchten, Sie ebenfalls.

Bestäuben

Möchten Sie eine eigene Chilisorte züchten, müssen Sie eine zufällige Bestäubung vermeiden. Am besten isolieren Sie die Pflanzen, wenn sich die ersten Blüten bilden. Um sicherzugehen, befestigen wir ein Vlies um die Blüte, den wir uns zuvor aus Staubsaugerbeutel geschnitten haben. Vor einiger Zeit haben wir für diesen Zweck Teebeutel verwendet. Uns kamen jedoch Zweifel, ob das Gewebe fein genug ist, fremde Pollen abzuhalten. Manche Beutel für Staubsauger haben eine mikrofeine Zwischenlage, welches ausreichend Sauerstoff durchlässt. Außerdem reißt die Kunstfaser nicht, wenn sie mal Nass geworden ist.

Sobald sich Früchte bilden, kann abgeschätzt werden, welches die besten Pflanzen für die Nachzucht sind. Jetzt kann durch gezieltes Bestäuben von neuen Blüten und einem weichen Pinsel nachgeholfen werden. Vergessen Sie nicht, die Blüte zum Beispiel mit einem Wollfaden zu markieren. Später entnehmen Sie nur den markierte, reifen Früchten ihr Saatgut um weiter zu züchten. Eine neue Welle an Blüten bildet sich, wenn Sie alle Schoten abernten. Ebenfalls können Sie die Blüten auch vor Fremdbestäubung schützen, sodass sie sich nur selbst bestäuben können.

 

Diese Methoden eignen sich auch, falls Sie auf sortenreines Saatgut von Ihren eigene Chilipflanzen wert legen. Mehr zum Thema Bestäubung von Chiliblüten finden Sie in einen eigenen Beitrag.

Zucht durch Auslese

Auslesen von besten Chilipflanzen nennt sich Selektion. In jeder Generation sollten Sie sorgfältig Chilipflanzen bestimmen, mit denen Sie weiter züchten wollen. Nur Blüten dieser Pflanzen werden gezielt bestäubt.

Hybriden stabilisieren

Beim Einsatz von Hightech ist es vielleicht schon nach fünf Jahren möglich schärfsten Chilisorteeine neue Chilisorte zu züchten. Beachten Sie gleich von Anfang an, dass Sie die Pflanzen nicht nur nach Aussehen selektieren. Manchmal sind gerade diese kränklich. Zwischen einem guten und gesunden Wachstum und den gewünschten Merkmalen bleibt abzuwägen. Schließlich möchten Sie keine Sorte züchten, die Ihrem Ideal entspricht, dann aber kaum Ertrag bringt.

Neue Züchtungen

In aller Munde ist sicher Carolina Reaper, welche Ed Curry zur der Welt gezüchtet hat. Vermutlich aus einer Kreuzung von Habanero und Scorpion Chili. Nur die schärfsten Chilis einer Generation wurden weiter verwendet. Um dies nachzumessen, hatte er seine Chilis zu einem Labor geschickt. Wie lange er für die Züchtung gebraucht hat, ist uns nicht bekannt. Vermutlich jedoch mindestens fünf bis acht Jahre. Vermutlich konnte er moderne Zuchtanlagen nutzen, so dass er mehr als eine Generation pro Jahr ziehen konnte.

 

Trinidad Scorpion Butch T wurde nach Butch Taylor so genannt. Eine ganze Weile galt sie als schärfste Chili der Welt. Es handelte sich um eine Sorte, die durch gezielte Auswahl an scharfen Exemplaren auf hohe Schärfe gezüchtet wurde. Außerdem wurde der Boden mit Wurmdünger angereichert, was die Chili besonders scharf machen sollte.

Oftmals werden nur neue Chilisorten bekannt, wenn sie am schärfsten sind. Es gibt aber noch andere wichtige Kriterien wie Geschmack, Aussehen, Ertrag, Robustheit und vieles mehr.

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Von Drache veröffentlicht am Sonntag, den 20.11.2016
Letzte Bearbeitung am 10.09.2022



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